Alltagsstrukturen

1. Beschreibung der Herausforderung

Alltagsstrukturen sind geprägt durch immer wiederkehrende Abläufe. Besonders zeitliche Strukturen, aber auch die ihnen eingeschriebenen Sinnsysteme von Tagen, Wochen, Jahren, Arbeits- und Ferienzeiten rahmen das Zusammenleben von Menschen in Familien und Gruppen. Wenn Kinder und Jugendliche diese Strukturen kennen, sie z.B. wissen, wie ihr Tag abläuft, bringt es ihnen Sicherheit und Orientierung.  Neben festen zeitlichen Abläufen schaffen auch gleichbleibende Orte und kontinuierliche Begleitpersonen, wie Bezugserzieher*innen hilfreiche Strukturen. Diese können und sollten in den verschiedenen Familien- und Gruppensystemen und individuell nach dem Alter des Kindes variieren.

Für Eltern, Erziehungsberechtigte oder Pädagoge*innen kann die Gewährleistung sicherer stabiler Strukturen eine echte Herausforderung darstellen. Sie müssen die Aufgaben der jeweiligen Familienmitglieder oder Wohngruppenmitglieder koordinieren und ebenfalls ihre eigenen Aufgaben, wie Arbeit, Haushaltsaufgaben und andere Termine unter einen Hut bringen. Gerade, wenn etwas nicht so läuft, wie es geplant wurde, bringt es Stress mit sich und der Tagesablauf gerät durcheinander.

Alltagsstrukturen müssen Sicherheit, aber auch Sinn vermitteln. Daher müssen sie permanent reflektiert und an sich ändernde Lebenswirklichkeiten, Bedürfnisse und Interessen angepasst werden. Stabilität und Wandel solcher Strukturen müssen also balanciert werden – was häufig nicht gut gelingt.

2. Unterschiedliche fachliche Haltungen und Argumente

Durch Alltagsstrukturen kann sich ein festes Gerüst entwickeln, in dem die Kinder und Jugendlichen sich sicher und geborgen fühlen können. Dieses Gerüst bietet ihnen Halt und Vertrauen. Mit dieser Sicherheit fällt es den Kindern und Jugendlichen leichter, ihre Umwelt zu erkunden. Somit werden sie leichter selbstständig und erlangen Selbstbewusstsein. Es ist wichtig die Kinder und Jugendlichen in den Alltag miteinzubeziehen und sie mitentscheiden zu lassen. So fühlen sich die Kinder und Jugendlichen ernst genommen und es fällt ihnen leichter den Alltag zu bewältigen.

Um Kindern und Jugendliche die Übergänge zwischen verschiedenen Tagessituationen zu erleichtern (z.B. bei der Einschlafsituation) ist es ratsam, gemeinsam mit dem Kind oder dem Jugendlichen Rituale zu entwickeln, wie z.B. noch ein Buch zu lesen oder ein Lied zu singen, die jeden Tag wiederholt werden bevor geschlafen wird. So verinnerlicht das Kind jeden Tag, dass jetzt Schlafenszeit ist und es kann sich darauf besser einlassen.

Wichtig ist zu sagen, dass nicht jedes Ritual zu jedem Kind passt und hier individuell geschaut werden muss. So können verschiedene Rituale mit dem Kind oder dem Jugendlichen festgelegt werden, die man gemeinsam jeden Tag umsetzt. Andere Alltagsstrukturen können noch gemeinsame Mahlzeiten, Rituale vor der Schule, Einschlafrituale oder Rituale bei den Hausaufgaben sein.

Auch für Kinder und Jugendlichen kann der Alltag stressig werden. Gerade, wenn sie viel für die Schule lernen müssen oder einen vollen Stundenplan haben. Deswegen ist es wichtig, Freiräume und freie Zeiten als Ausgleich zum stressigen Alltag und einer klaren Struktur zu ermöglichen. Kinder und Jugendliche benötigen Freizeit, die von ihnen selbst frei gestaltet werden kann. Auch Hobbys können einen Ausgleich für Kinder und Jugendliche darstellen. Wichtig ist aber, dass das Hobby von den Kindern frei ausgewählt wurde und sie so ihre Interessen vertreten können.

Es gibt verschiedene Bereiche, in denen ein Hobby ausgewählt werden kann. Das Kind oder der Jugendliche sollte selbst entschieden, ob es etwas Sportliches oder Kreatives machen möchte. Wichtig ist es auch, dass die Kinder sich oft noch ausprobieren möchten und noch nicht wissen was ihnen Spaß macht und ihnen gefällt. Aus diesem Grund sollte man Kinder und Jugendliche nicht zwingen, ein Hobby auszuführen, das ihnen kein Spaß macht. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass das Hobby die Kinder und Jugendlichen nicht überfordert.

Jeder Mensch hat das natürliche Bedürfnis nach Orientierung und Ordnung. Durch Alltagsstrukturen erlangen Kinder und Jugendliche dieses. Je nach Alter verändern sich die Alltagsstrukturen und müssen zwischenzeitlich neu an das Alter des Kindes oder Jugendlichen angepasst werden. Wichtig ist, dass die Alltagstrukturen nicht für das Kind gemacht werden, sondern mit dem Kind.

Alltagsstrukturen können zeitweilig oder auch grundsätzlich von manchen Kindern als einengend empfunden und abgelehnt werden. Auch dies ist eine Realität, der sich Fachkräfte und Eltern nicht versperren sollten, auch wenn eine solche Wahrnehmung die Abläufe in Gruppen herausfordert. Denkbar sind vielleicht begrenzte Experimente, in denen auf Strukturen ganz oder weitgehend verzichtet wird, z.B. im Urlaub oder am Wochenende. So können ‚Tage der Anarchie‘ o.ä. ausgerufen werden, in denen die Jugendlichen erfahren, wie schön, aber auch anstrengend ein Leben ohne Strukturen und Verlässlichkeit ist.

3. Fragen zum Weiterdenken

  • Wie strukturieren Sie den Alltag mit den Kindern und Jugendlichen? Warum machen Sie das und sind Sie sicher, dass Ihre Strukturen und Rituale für die Kinder wirklich hilfreich und sinnvoll sind? Experimentieren Sie manchmal mit Ihren Strukturen, um sie zu überprüfen?
  • Kann es sein, dass manche Kinder Ihre Strukturen als einengend empfinden und sie andere bereits in ihrer Freiheit überfordern? Können Strukturen individuelle Bedürfnisse und Wahrnehmungen aufgreifen und immer wieder an unterschiedliche Kinder angepasst werden?
  • Entsprechen Ihre Strukturen den Interessen der Kinder? Wie können die Kinder und Jugendlichen ihre Interessen in den Alltag integrieren? Wo können die Kinder und Jugendlichen im Alltag mitentscheiden?

4. Lösungsvorschläge

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