Anton Semjonowitsch Makarenko
„Ich fordere dich, weil ich dich achte“
A.S. Makarenko (1888-1939), bekanntester Pädagoge der Sowjetunion, ab 1920 Leiter zweier großer Heime für straffällige Jugendliche
Wichtige Ansätze
Makarenko war ein Praktiker, der in den Wirren des Bürgerkriegs im Jahr 1920 in der heutigen Ukraine ein Heim für Jugendliche aufbaute und darüber einen Roman schrieb. In dem von Jugendlichen selbstverwalteten Heim mussten alle körperlich arbeiten, um zu überleben. Zugleich aber spielten Bildung (Schule) und Kultur (Theater) eine große Rolle. Aus heutiger Sicht wurden die Rechte des Individuums und seine Freiheiten zu wenig geachtet. Aber folgende Dinge lassen sich bei Makarenko lernen:
- Wie aus jugendlichen Gesetzesbrechern moralische und verantwortliche Mitglieder einer großen Gemeinschaft werden
- Wie die gemeinsame Arbeit dem Leben Sinn, der Gruppe Erfolg und Zusammenhalt und dem Einzelnen Kompetenzen vermittelt
- Wie wichtig es ist, eine Perspektive zu haben und das Leben nach vorne zu leben
Für die heutige Gruppenpädagogik in Wohngruppen, Tagesgruppen, Schulklassen etc. könnte man mit Makarenko daher fordern:
- Die Gruppe muss Gemeinschaft und Kollektiv werden. Wenn es der Gruppe gut geht, geht es auch den Einzelnen gut. Jedes Gruppenmitglied muss Verantwortung für die Gruppe übernehmen können, z.B. als Gruppensprecherin, Verwalterin des Gruppenbudgets, Kümmerer für Pflanzen oder Tiere.
- Die Gruppe braucht gemeinsame Aufgaben und Projekte. Sie muss sich für andere engagieren, gerade wenn es Einzelnen (noch) schlecht geht.
- Die Gruppe braucht Perspektiven für morgen und übermorgen. Ohne Hoffnung und Erfolge kann das Zusammenleben nicht gelingen.
Nachdenken über Erziehung mit Makarenko
„Niemand, weder ich noch ein anderer Pädagoge, kann durch Reden erreichen, was ein richtig organisiertes, selbstbewusstes Kollektiv leisten kann.“
Makarenko stellt den Individualismus der Moderne in Frage. In seiner Arbeit sieht man, wie der Einzelne von der Erfahrung eines guten Kollektivs profitiert. Wir können daher fragen, wie sich eine Gruppe weiterentwickeln lässt, statt immer nur über die Einzelnen nachzudenken.
„Disziplin wird nicht etwa durch irgendwelche einzelnen ‚Disziplinarmaßnahmen‘, sondern durch das gesamte Erziehungssystem, durch die ganze Lebensweise und durch alle Einflüsse, denen die Kinder unterworfen sind, geschaffen.“
Makarenko verstand unter Disziplin weniger Anpassung oder Ordnung sondern aus freien Stücken das zu tun, was für das Kollektiv nützlich und notwendig ist. Heute ist eine positive Idee der Disziplin in der Erziehung kaum zu finden. Wie aber könnte man sie sich vorstellen?
Was fällt uns heute ein, um den grenzenlosen Individualismus mit unseren pädagogischen Angeboten „einzuhegen“? Wie kann Solidarität, Gemeinschaft, Gruppe positiv erlebt werden?
Weiterführende Literatur
Die Website bei Wikipedia gibt erste Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Semjonowitsch_Makarenko
Das Buch „Ein pädagogisches Poem. Der Weg ins Leben.“ ist der Roman über den Aufbau des ersten Heimes durch Makarenko. Spannender Lesestoff.
Der Spielfilm „Der Weg ins Leben“ (DDR-Verfilmung des „Pädagogischen Poems“ aus dem Jahr 1951) ist bei YouTube abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=zHX01lmz7MI