Kommunikationssperren überwinden

Egal, ob ich Menschen nahekomme oder Abstand halte, ich habe eine Beziehung zu Ihnen“

1. Ziele

Das Gordon-Modell ist eines der wenigen Erziehungskonzepte, das auf den Einsatz von Belohnungen und Strafen verzichtet und stattdessen auf eine andere Art von Kommunikation setzt. Als Kommunikationssperre bezeichnete Thomas Gordon eine Art der Kommunikation, die die Absicht hat, das Erleben des Gegenübers nicht zu akzeptieren, sondern verändern zu wollen. Die von ihm gefundenen und Ende der 1960er Jahre veröffentlichten Kommunikationssperren sowie Strategien, sind heute noch so aktuell wie damals. Kommunikation erlaubt uns, die Form unserer Beziehungen zu verändern. Durch gute Kommunikation verbessern wir Beziehungen, durch schlechte Kommunikation verschlechtern wir sie.

2. So geht das

Es gibt eine ganze Reihe von ‚verbalen‘ Reaktionen, die Gesprächspartner*innen zum Verstummen oder zum Protestieren bringen. Die sogenannten Kommunikationssperren verhindern wirkliche Nähe. Sie sind oft der Versuch, den anderen zu helfen oder ihnen Tipps zu geben oder sie zu ermahnen, zu moralisieren, zu belehren. Dadurch wird versucht, die Gesprächspartner*innen zu beeinflussen und ihr Erleben oder ihre Reaktion zu verändern, statt sie so zu akzeptieren, wie sie gerade sind. Kommunikationssperren können Gesprächspartner*innen in die Defensive treiben oder das Gespräch direkt in Schweigen ersticken.

Um mit jemandem ins Gespräch zu kommen und mehr über seine/ ihre Gedanken und Gefühle zu erfahren, sollten sogenannte „Türöffner“ verwendet werden, um Kommunikationssperren zu vermeiden. Türöffner sind offene Fragen, die nicht mit einem einfachen ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ beantwortet werden können und dadurch ein Gespräch anregen.

Thomas Gordon formuliert insgesamt 12 Kommunikationssperren:

1. Befehlen, Anordnen, Auffordern:
Der Befehl ist eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten

2. Warnen, Mahnen, Drohen:
Kann sowohl Angst, als auch Ärger und Auflehnung erzeugen.

3. Moralisieren, Predigen, Beschwören:
Vermittelt Verpflichtung oder Schuldgefühle. Es kann bewirken, dass die Empfänger*innen ihre Position noch vehementer verteidigen, weil sie ein Misstrauen in ihr Verantwortungsbewusstsein erkennen.

4. Beraten, Vorschläge machen, Lösungen finden:
Verhindert, dass sich die Empfänger*innen ihrem Problem stellen, andere Lösungen durchdenken und ausprobieren. Es suggeriert ihnen, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Probleme selbst zu lösen und kann zu einer gewissen Abhängigkeit, aber auch zu Widerstand führen.

5. Belehren, durch Logik begründen:
Provoziert Verteidigung und Gegenargumente. Möglicherweise fühlen sich die Empfänger*innen aber auch minderwertig oder nehmen die Haltung ein, dass ‚es ohnehin nichts nützt‘ und hören nicht mehr zu. 

6. (Ver-)Urteilen, Kritisieren, Widersprechen, Vorwürfe machen, Beschuldigen:
Vermittelt Unfähigkeit und schmälert den Selbstwert. Die Mitteilungsbereitschaft sinkt aus Angst vor einem negativen Urteil oder die Kritik löst Gegenkritik aus.

7. Loben, Zustimmen, Schmeicheln:
Enthält hohe Erwartungen und kann Feindseligkeit hervorrufen, wenn das Selbstbild der Empfänger*innen damit nicht übereinstimmt. Möglicherweise wird es aber auch als manipulierend empfunden, um ein gewünschtes Verhalten zu zeigen.

8. Beschämen, Beschimpfen, Lächerlich machen:
Kann dazu führen, dass sich die anderen minderwertig und ungeliebt fühlen. Die Selbsteinschätzung kann beeinträchtigt oder der Wunsch nach Vergeltung ausgelöst werden.

9. Interpretieren, Analysieren, Diagnostizieren:
Kann drohend und beschämend empfunden werden. Empfänger*innen können sich in die Ecke gedrängt, ertappt oder bloßgestellt fühlen. Die Kommunikation wird aus Angst vor Entlarvung verhindert

10. Beruhigen, Sympathie äußern, Trösten, Aufrichten:
Bewirkt, dass sich die anderen nicht verstanden fühlen und feindselige Gefühle entwickeln. Empfänger*innen erhalten den Eindruck, dass es nicht in Ordnung ist, was sie empfinden und ihre Probleme nicht wichtig sind.

11. Nachforschen, Fragen, Verhören:
Kann mangelndes Vertrauen, Verdacht oder Zweifel ausdrücken.

12. Ablenken, Ausweichen, Aufziehen:
Verstärkt die Haltung, dass es besser ist, Problemen aus dem Weg zu gehen und unterdrückt einen offenen Umgang mit schwierigen Situationen. Empfänger*innen können den Eindruck bekommen, dass sie und ihre Bedürfnisse nicht respektiert werden.

Laut Gordon sollte man Kommunikationssperren vor allem vermeiden, wenn andere ein Problem haben. Denn diese 12 Kommunikationssperren hemmen uns nur dann in unserer Mitteilungsbereitschaft, wenn wir uns im Problembereich befinden. Dafür gibt es im ‚GORDON Training‘ andere, hilfreiche Methoden, wie zum Beispiel ‚Aktives Zuhören‘, das ebenfalls im Methodenregister zu finden ist. Wenn Sie also das nächste Mal jemandem in einer Problemsituation wirklich helfen wollen, versuchen Sie bewusst, Kommunikationssperren zu vermeiden. Sie werden bemerken, dass Ihr Gegenüber deutlich mehr Bereitschaft zeigt, sich Ihnen mitzuteilen.

3. Beispiel

Viele der genannten Kommunikationssperren mögen im ersten Moment durchaus legitim und sinnvoll scheinen. Nach Beobachtung von Gordon können neben den gut gemeinten Tröstungsversuchen oder guten Ratschlägen, Ablenkungsmanövern etc. aber doch auch andere Botschaften bei dem Empfänger/ der Empfängerin ankommen. Diese Botschaften können zum Beispiel sagen: „Du kannst es nicht ertragen, dass ich gerade so bin“, „Du traust mir nicht zu, dass ich es schaffe“, „Du hast das Gefühl, es liegt an mir“, „Sie halten mich für unfähig, selbst eine Lösung zu finden“, „Das kriegst du schon hin“, „Nimm dir das nicht so zu Herzen“ oder „Das muss heute noch getan werden, da gibt es nichts zu diskutieren.“

Zum Überwinden solcher negativen Botschaften, können Sprecher*innen einfache Alternativen anwenden, z.B.: „Mich würde deine Meinung dazu interessieren.“ Oder: „Was denkst du darüber?“

4. Fragen, Anpassungsmöglichkeiten und Kritik

In Situationen, wo es eigentlich darum geht, Nähe zu uns selbst und anderen zuzulassen, weichen wir gerne auf Kommunikationssperren aus. Das fühlt sich zunächst sicher an, wir können das Geschehen kontrollieren. Doch in Wirklichkeit blockieren wir damit die Verbindung zu uns selbst und zu unserem Gegenüber und trennen uns von unseren Gefühlen ab. Zudem verlassen wir den Kontakt auf Augenhöhe und nehmen eine überlegene Position ein. Wir wollen das, was andere erleben, in unserem Sinne verändern. Wir meinen zu wissen, was gut für andere ist. Und gleichzeitig nehmen wir ihnen die Chance, ihre Probleme selbstverantwortlich zu lösen.

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