Henryk Goldszmit – Janusz Korczak
„Erkenn dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest.“
Janusz Korczak (1878 – 1942) polnisch-jüdischer Kinderarzt, Pädagoge, Schriftsteller und 30 Jahre lang Leiter zweier Warschauer Waisenhäuser. Er wurde als Henryk Goldszmit geboren und publizierte später unter dem Pseudonym Janusz Korczak.
1. Wichtige Ansätze
Janusz Korczak hat viele neue Denkweisen in Bezug auf Kinder und deren Erziehung in den Diskurs der Pädagogik eingebracht. Er sieht die Kindheit nicht mehr nur als eine Entwicklungsspanne, in der auf die Zukunft hingearbeitet wird, sondern als eine Zeit im Leben eines jeden Menschen, die ihren ganz eigenen Wert hat, welcher nicht darin besteht, auf etwas vorzubereiten. In seiner Arbeit im Waisenhaus ging es vor allem darum, die Rechte der Kinder zu stärken, die Kinder so anzunehmen, wie sie sind, und sie bereits als vollständige, gleichwertige Menschen zu betrachten. Im Mittelpunkt stand ebenfalls die Bereitschaft zur Selbstkritik auf Seiten der Erzieher*innen.
- Zwischen Erzieher*in und Kind sollte eine wechselseitige Erziehung stattfinden. Erzieher*innen müssen bereit sein, selbstkritisch zu sein, ohne sich in Schuldzuweisungen zu verlieren.
- Selbstverwirklichung in der Gemeinschaft möglich machen. Der Einzelne hat Vorrang vor der Gemeinschaft, aber die Kinder sollen lernen, in einer Gemeinschaft zusammenzuleben.
- Das Kind hat das Recht, so zu sein, wie es ist. Alles was Kindern durch Druck und Gewalt beigebracht wird, ist vorübergehend und überzeugt nicht. Erzieher*innen müssen fähig sein, alles zu verzeihen.
Daher könnte man nach Korczak fordern:
- Es sollten Institutionen (z.B. Beschwerdestellen der Kinder) eingerichtet werden, die zur Reflexion und Überprüfung des Handelns der Erwachsenen beitragen. Die Lage der Kinder sollte zuerst auf die Erzieher*innen selbst zurückgeführt werden.
- Das Leben des Einzelnen sollte das höchste Gut sein, welches es zu schützen und zu fördern gilt. Der Einzelnen sollte vor dem Druck der Gruppe geschützt werden und es sollten Artikulationsmöglichkeiten geboten werden, um sich mit den anderen verständigen zu können.
- Erzieher*innen brauchen einen langen Atem. Das Recht des Kindes auf Achtung gilt als Maßstab täglichen Verhaltens. Das Kind ist die einzige Instanz, die es anzuerkennen gilt. Situationen, die zum Scheitern verurteilt sind, müssen von Erzieher*innen ertragen werden.
2. Nachdenken über Erziehung mit Korczak
2. Nachdenken über Erziehung mit Korczak
„Vermeiden wir das, was unangenehm ist? Es ist leichter, sich nicht anzustrengen, bequemer, nicht das zu tun, was unerfreulich ist, bequemer, unrechte Taten zu tolerieren, Schuldige oder Leichtsinnige zu beschützen.“
Janusz Korczak fordert eine Pädagogik, die keine Konflikte vermeidet. Die Kinder sollen Erfahrungen mit Auseinandersetzungen machen und nicht sich selbst überlassen werden, denn das kann Gleichgültigkeit zum Ausdruck bringen. Die Frage ist, ob wir es merken, wenn wir unangenehme Situationen meiden. Wie können wir dafür Sorge tragen, dass wir uns diesen Situationen stellen und wie finden wir heraus, ob wir bereits Konflikte in der Erziehung vermeiden?
„Kinder und Fische haben keine Stimme“
Janusz Korczak fordert, den pädagogischen Diskurs nicht über das Kind, sondern mit dem Kind zu führen. Er errichtete in seinem Waisenhaus zahlreiche Institutionen, die zur Bereicherung des Diskurses durch Kinder und Erzieher*innen beitrugen. Die Frage, die man sich in heutigen Einrichtungen oder in der Arbeit mit Kindern allgemein stellen kann, ist: Wie können die Kinder den Diskurs mitbestimmen und wie können wir eine Gleichberechtigung zur Teilnahme am Diskurs schaffen?
„Es ist oft leichter, etwas niederzuschreiben als etwas auszusprechen.“
Janusz Korczak richtete in seinem Waisenhaus einen Briefkasten ein und gründete eine Kinderzeitung, denn er sah in der schriftlichen Kommunikation viele Vorteile. Kinder lernen dadurch beispielsweise auf eine Antwort zu warten, sowie zu denken und zu begründen. Wir können uns heute fragen, welche Methoden wir, in der eigenen Einrichtung einbringen könnten, die die Vorteile von schriftlicher Kommunikation nutzen?