Umgang mit Emotionen

1. Beschreibung der Herausforderung

Häufig werden Emotionen und Gefühle gleichgesetzt, doch so ganz stimmt das nicht. Emotionen sind Basisemotionen (Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel), sogenannte Urinstinkte, und befinden sich im Unterbewusstsein. Sie lassen sich nicht unterdrücken und laufen unbewusst ab. Emotionen sind körperliche Reaktionen auf einen äußeren Reiz. Gefühle hingegen gehören zu dem Bewusstsein eines Menschen. Sie sind das Bewusstwerden einer Emotion. Bei Gefühlen verarbeitet das Gehirn die Reaktionen des Körpers. Bildlich lässt sich dies gut anhand eines Eisbergs darstellen. Die Gefühle (das Bewusstsein) sind oberhalb des Wassers und die Emotionen (das Unterbewusste) sind unterhalb des Wassers und insofern bedeutend größer.

Erwachsene sind meistens – außerhalb von Krisen – im Stande, mit den vielen positiven sowie negativen Emotionen umzugehen und wissen sie zu beherrschen. Ganz anders ist es bei Kindern und Jugendlichen. In ihrer Kindheit werden sie reichlich mit Emotionen überflutet und in der Pubertät kommen neue, auch hormonell bedingte Emotionen dazu. Sie machen täglich neue Erfahrungen und werden dabei ganz unvorbereitet und mit voller Wucht mit ihren Emotionen konfrontiert. Kinder und Jugendliche müssen erst lernen mit ihnen umzugehen.

Eine besondere Herausforderung besteht bei negativen Emotionen wie Wut und Ärger. Diese werden meist nicht gerne gesehen und es wird versucht, diese gleich im Keim zu ersticken. Doch auch solche Emotionen gehören zur Entwicklung des Kindes dazu. Wie stark die verschiedenen Emotionen von Kindern zum Ausdruck gebracht werden, hängt deshalb auch von der Erziehung und dem sozialen Umfeld ab. Eltern und Fachkräfte sollten die Emotionen der Kinder ernst nehmen, sie nicht verbieten oder bestreiten, sondern die Kinder im Umgang mit diesen unterstützen.

2. Unterschiedliche fachliche Argumente/ Bedenken

Kinder beherrschen ihre Emotionen noch nicht so, wie sie es später als Erwachsene tun werden. Sie erlernen diese emotionale Beherrschung nur, wenn sie ihre Emotionen, egal ob positiv oder negativ, zum Ausdruck bringen dürfen. Eltern sollten in solchen Momenten erst einmal gelassen bleiben. Kinder werden gelegentlich von ihren Emotionen übermannt und gehen mit ihnen durch. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul sprach sich dafür aus, dass Kinder besonders negative Emotionen ausleben sollten. Sie zu unterdrücken, würde sich seiner Meinung nach negativ auf die Entwicklung des Selbstvertrauens auswirken Eltern und Fachkräfte übernehmen eine Vorbildfunktion. Für Kinder ist es wichtig zu sehen, dass auch Erwachsene einmal wütend sind und sich ärgern. Dabei sollte immer darauf geachtet werden, dass dies nicht an einer anderen Person ausgelassen wird. Besser ist es, zu erklären, wieso Sie gerade wütend sind.

Das eigene Zuhause und die Wohn- bzw. Tagesgruppe sind geschützte Orte und bieten geeignete Räume, um die Kinder dabei zu unterstützen, ihre Emotionen besser zu verstehen und zu lernen, wie sie mit ihnen umgehen können. Dabei gibt es sehr unterschiedliche kulturelle Vorstellungen, bei welchen Emotionen es angebracht ist, sie ‚rauszulassen‘ und welche Emotionen hingegen gut verborgen werden sollten. Dieses Spannungsfeld sollte gerade von Fachkräften aufmerksam wahrgenommen und reflektiert werden. Die eigenen Emotionen verstehen, sie anderen Menschen erklären sowie deren Emotionen zu deuten; all das müssen Kinder erst erlernen, um die eigene emotionale Kompetenz zu entwickeln. Es gehört zur natürlichen Entwicklung eines jeden Menschen dazu. Nur so können sie mit ihren eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer sinnvoll umgehen. Durch diese Fähigkeit ist der Mensch in der Lage, Selbstbewusstsein zu entwickeln, mit Niederlagen umzugehen sowie Beziehungen und Bindungen einzugehen. Deshalb ist die emotionale Entwicklung eng verbunden mit der sozialen Entwicklung. Sie bedingen sich gegenseitig und bauen aufeinander auf.

3. Fragen zum Weiterdenken

 

  • Wie könnte der Umgang mit Emotionen gemeinsam mit Kindern spielerisch thematisiert werden? Welche weiteren künstlerisch-ästhetischen Bearbeitungsformen (Malen, Singen, Tanzen, Theater spielen …) könnten Sie nutzen?
  • Inwieweit können die Kinder ihre Emotionen, besonders die negativen, in Ihrer Einrichtung ausleben? Wo gibt es Grenzen? Und wie können Kinder speziell bei negativen Emotionen wie Angst und Trauer sinnvoll begleitet werden, anstatt sie mit Süßigkeiten oder Spielzeug zu trösten?
  • Wie beeinflussen Ihre eigene Emotionen Ihr Verhalten gegenüber und Ihren Umgang mit den Kindern und Jugendlichen? Welche Strategien zur Beherrschung positiver und negativer Emotionen wenden Sie persönlich an? Welche dieser Strategien könnten auch von Kindern und Jugendlichen angewandt werden?

4. Material / Links

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