Lernen mit Kindern

1. Beschreibung der Herausforderung

Kinder müssen und wollen im Leben vieles lernen. Das Problem ist, dass sie oft nicht genau das lernen möchten, was die Erwachsenen gerade von ihnen erwarten. Sie wollen sich gerne mit einem Handy beschäftigen – am besten mit dem eigenen. Oder sie wollen Musik machen, Sport treiben, Bücher lesen. Das passt meistens nicht zu den Plänen, den Essenszeiten, den zeitlichen Ressourcen, dem Wetter oder den ethischen Vorstellungen der Erwachsenen, die eigentlich die Lernermöglicher*innen und Lernbegleiter*innen sein müssten.

Wenn Kinder also gerade gar nicht lernen wollen oder bestimmte Lernerwartungen ablehnen, gibt es einen Konflikt, der bearbeitet werden muss, damit Lernen wieder stattfindet und gelingt. Nur mit Strenge und Regeln kommt man oft nicht weit – häufig sind Umwege in der Beziehungsgestaltung notwendig, um wieder den Blick auf das Lernen richten zu können.

Gerade in schwierigen Lebenssituationen, in konfliktreichen Familienzeiten, Krisen in der Schule und im Freundeskreis lehnen viele Kinder es ab, bestimmte Dinge zu lernen – das ist leider oft die Alltagssituation in Wohn- und Tagesgruppen. Hinzu kommen oft schlechte Erfahrungen mit dem Lernen.

Viele Kinder haben Angst, Fehler zu machen. Sie betrachten Fehler als etwas Schlimmes, haben vielleicht die Erfahrung gemacht, dass geschimpft wird oder dass sie ausgelacht werden, wenn sie etwas Falsches machen. Die sicherste Methode, um Fehler zu vermeiden, ist, gar nichts zu tun, dann kann man auch nichts falsch machen. Durch den hohen Leistungsdruck sinkt die Motivation der Kinder, da es nie genug ist, egal wie sehr sie sich anstrengen.

Die Hauptherausforderung besteht also darin, die Motivation fürs Lernen wieder zu erwecken, da Kinder eigentlich sehr gerne und von sich aus ständig lernen. Eine weitere Herausforderung wäre die Suche nach der individuell besten Art des Lernens, weil es viele verschiedene Methoden und Techniken gibt, um zu lernen und nicht jede passt zu jedem Kind, da jedes Kind unterschiedliche Ressourcen besitzt.

2. Unterschiedliche fachliche Argumente / Bedenken

Es gibt sehr viele Wege, Kinder beim Lernen zu unterstützen – siehe unsere diesbezüglichen Karten! Zunächst aber braucht es Offenheit und Interesse am einzelnen Kind, um herauszufinden, warum Lernen gerade schwierig oder gar blockiert ist. Die einzelnen Lerntheorien bieten unterschiedliche Wege zum Lernen an – es gibt nicht den einen richtigen oder den anderen, grundsätzlich falschen Weg.

Es ist wichtig, den Kindern beim Lernen zu vermitteln, dass Fehler etwas Gutes sind, weil man nämlich daraus lernen kann. Leben Sie dem Kind vor, dass auch Sie Fehler machen oder gemacht haben und wie Sie daraus gelernt haben. Und natürlich sollten Sie auf keinen Fall schimpfen. Es kann eine Weile dauern, bis das Kind die neue Haltung übernimmt und darauf vertraut. Ermutigen Sie das Kind, Dinge auszuprobieren und loben Sie es für alles, an das es sich herantraut. So kann es mehr Selbstvertrauen entwickeln.

Was NICHT hilft, wenn ein Kind nicht lernen will: Noch mehr Predigen und Zwingen. Die Trotzreaktion ist vorprogrammiert. Noch mehr Lernlösungen anbieten, oder Nachhilfe drauf kippen.

Was helfen KANN: Out-of-the-Box Lösungen. Etwas, das nichts mit der Schule zu tun hat, sondern mit dem Lernen an sich. Anschauliches, kreatives Lernen mit vielen verschiedenen Medien zum Beispiel. Man kann auch das ein oder andere mit Bewegung verknüpfen. Oder mit dem Handy zu Lernendes aufnehmen, um es unterwegs anzuhören. Erklärvideos anschauen oder vielleicht mit den Eltern gemeinsam selbst herstellen.

Gerald Hüther schlägt Folgendes vor: „Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge: Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann. Es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann und es braucht eine Gemeinschaft, in der es sich aufgehoben fühlt.“

Kinder in Wohn- und Tagesgruppen müssen neben schulischen Dingen auch noch soziale, emotionale und kognitive Sachen lernen. Das heißt, dass die Kinder erstmal lernen müssen zu lernen, um es auf andere Bereiche anwenden zu können.

Ein Problem in Wohn- und Tagesgruppen ist auch, dass viele Fachkräfte nach ihrer Ausbildung/nach ihrem Studium auch nicht mehr weiter lernen wollen. Das ist schade, weil sie so als Vorbild für die Kinder ausfallen und es dadurch den Kindern das Gefühl gibt, das es keinen Spaß macht zu lernen, sondern es als Last angesehen wird, weil man es machen muss und nicht möchte.

3. Fragen zum Weiterdenken

  • Wie könnten Fachkräfte Vorbilder für das Lernen sein? Wie könnten sie selbst Begeisterung für das Lernen ausstrahlen und was könnte man von den Kindern lernen?
  • Wie könnte man die Interessen und Vorlieben des Kindes stärker in das Lernen integrieren? Wie kann Lernen besser an die Ideen der Kinder angepasst werden?
  • Wie ist Ihre Lernmethode und wie könnten Sie sie an das Kind weiterreichen oder ihm nahe bringen?
  • Hatten sie als Kind auch keine Motivation zu lernen und wenn ja, wie haben sie das überwunden?

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