Kinder stärken
1. Beschreibung der Herausforderung
Damit Kinder ein gutes Selbstvertrauen entwickeln können, ist es wichtig, sie zu stärken und ihnen Anerkennung und Akzeptanz zu schenken. Starke Kinder mit viel Selbstvertrauen sind davon überzeugt, zu ihrer Familie, ihrer Gruppe und der Welt dazu zugehören. Sie fühlen sich akzeptiert – und meistens auch geliebt – und sind dadurch stark und leistungsfähig. Sie sind in der Lage, Probleme zu lösen.
Allerdings verfügen nicht alle Kinder über dieses Gefühl der Stärke und des Selbstvertrauens. Kinder können Selbstvertrauen entwickeln, indem sie ermutigt werden. Ermutigte Kinder sind in der Lage zu kooperieren, handeln verantwortungsbewusst und haben den Mut, Neues auszuprobieren.
Hierbei ist es wichtig, Anerkennung oder Ermutigung von Lob zu unterscheiden, da sie einen unterschiedlichen Zweck erfüllen. Lob kann als eine Belohnung gesehen werden, die sich Kinder verdienen, beispielsweise in einem Wettstreit bei einem Sportfest. Wenn Kinder häufig gelobt werden, wollen sie dies tendenziell immer häufiger und glauben, dass sie bestimmte Dinge tun müssten, um anderen Menschen zu gefallen. Dies ist für sie der einzige Weg, um ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen. Doch Lob kann schnell zur Entmutigung führen, wenn dieses ausbleibt und somit Nichtloben als Geringschätzung und Kritik verstanden wird. Das Kind wird darin bestärkt, ohne Lob ein*e Versager*in zu sein. Außerdem könnten Kinder durch übermäßiges Loben beginnen, alles als Wettstreit zu sehen, bei dem entweder gewonnen oder verloren werden kann. Dabei ist der/die Gewinner*in der bessere Mensch, als der/die Verlierer*in.
Ermutigung hingegen muss man sich nicht verdienen, sie kann auch für eine Bemühung oder Verbesserung gegeben werden. Ermutigung geschieht zum Beispiel auch durch Respekt. Einerseits ist es wichtig, dem Kind mit Respekt zu begegnen, damit es sich wertgeschätzt fühlt. Durch den Respekt gegenüber dem Kind wird es so akzeptiert wie es ist, mit all seinen Stärken und Schwächen. Dadurch hat das Kind nicht das Gefühl, ‚perfekt‘ sein zu müssen, um von seinen Bezugspersonen akzeptiert zu werden. Andererseits ist es auch wichtig, sich als Bezugsperson selbst zu respektieren und zu schätzen, um dem Kind Selbstvertrauen vorzuleben und selbst ein gutes Beispiel zu sein.
Zudem sollten Bemühungen des Kindes wahrgenommen werden. Wenn ein Kind eine schlechte Zeugnisnote bekommen hat, können Kinder ermutigt werden, ihre Leistungen zu verbessern. Dazu ist es wichtig, Bemühungen zu erkennen und auch kleine Verbesserungen hervorzuheben, damit das Kind weiß, dass der Fortschritt gesehen wird. Außerdem kann dem Kind vermittelt werden, dass es nicht wichtig ist, eine gute Note zu bekommen, sondern den Inhalt verstanden zu haben.
Eine weitere Form der Ermutigung ist die Wertschätzung. Dabei ist es wichtig, zu erkennen, was dem Kind wichtig ist, da Interessen oftmals übersehen werden, wenn sie nicht den eigenen Interessen entsprechen. Wenn mit dem Kind über seine Hobbys gesprochen wird und diese auch unterstützt werden, fühlt es sich wertgeschätzt und akzeptiert. Die Stärken des Kindes müssen erkannt werden, um darauf aufbauen zu können. Die individuellen Fähigkeiten und Talente machen das Kind einzigartig.
Zuletzt kann Ermutigung auch durch den Glauben an das Kind erfolgen. Kinder müssen wissen, dass an ihre Möglichkeiten, Erfolg zu haben, geglaubt wird. Dies lernen sie, wenn es ihnen gesagt wird und es hilft ihnen, dies zu verinnerlichen, indem sie sich selbst sagen: „Ich kann das!“. Kinder müssen wissen, dass an sie geglaubt wird, damit sie es selbst tun können.
2. Unterschiedliche fachliche Argumente
Auch wenn Kinder durch ihre Eltern respektiert werden, ihre Bemühungen und Stärken wahrgenommen und sie wertgeschätzt werden, ist es nicht zu vernachlässigen, den Kindern den Glauben an ihre Kompetenzen zu schenken. Denn zum Beispiel überbehüteten Kindern, deren Eltern zwar nur das Beste für ihre Kinder wollen, werden viele Dinge nicht zugetraut. Ihre Eltern wollen sie vor Gefahren schützen und ihnen Hindernisse aus dem Weg räumen. Doch es ist wichtig, dass die Kinder selbst bestimmte Erfahrungen machen können, um daraus lernen zu können. Die Eigenständigkeit und das Selbstwertgefühl werden so gesteigert. Die Kinder müssen von ihren Eltern erfahren, dass sie an sie glauben und ihnen zugetraut wird, diese Hürden zu meistern. Wenn immer alle potentiellen Gefahrenquellen vom Kind ferngehalten werden, werden sie sich vermutlich zu sehr ängstlichen Menschen entwickeln, oder aber sehr leichtsinnig sein, wenn sie Gefahren nicht als solche einschätzen können, wenn sie mal ohne ihre überbehüteten Eltern unterwegs sind. Es ist wichtig, ein gutes Gleichgewicht zwischen Behüten und der Eigenständigkeit zu finden, sodass Eltern ihren Kindern vertrauen und zutrauen und sie in ihrem Können unterstützen.
Ermutigte Kinder haben ein höheres Selbstbewusstsein, können besser mit Problemen umgehen und diese bewältigen. Sie sind auch kooperationsfähiger und resilienter als andere Kinder. Resilienz beschreibt die psychische Widerstandskraft und die Fähigkeit, auch schwierige Lebensumstände ohne andauernde Beeinträchtigungen zu bewältigen. Durch die Ermutigung wird also die Widerstandskraft und die Bewältigungsfähigkeit von Krisensituationen von Kindern gestärkt und verbessert – dies ist ein wichtiger Grundbaustein für ihres ganzes Leben.
3. Fragen zum Weiterdenken
- Wenn Kinder gelobt werden, benutzen wir häufig Wörter, mit denen wir sie beurteilen. Welche Ausdrücke fallen Ihnen ein, mit denen Kinder ohne solche Urteile gelobt werden können?
- Wenn wir Kinder ermutigen, benutzen wir Wörter, mit denen wir Anerkennung aussprechen. Welche geeigneten Ausdrücke fallen Ihnen hierzu ein?
4. Material/ Links
Die Idee der Ermutigung in der Erziehung wurde insbesondere von dem Wiener Individualpsychologen Alfred Adler ausgearbeitet. Sein US-amerikanischer Schüler Don Dinkmeyer hat darauf gemeinsam mit Kolleg*innen das STEP-Elterntraining entwickelt, das weltweit für Eltern angeboten wird. Im Internet findet man hierzu gute Lehrbücher und Videos.
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