Aktives zuhören

Unter aktivem Zuhören wird in der Kommunikation zwischen Menschen die gefühlsbetonte (affektive) Reaktion von Gesprächspartner*innen auf die Botschaft von Sprecher*innen verstanden. Der US-amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Carl Rogers hat das Aktive Zuhören erstmals als Werkzeug für die Klientenzentrierte Psychotherapie (Gesprächspsychotherapie) beschrieben. Seine von einem humanistischen Menschenbild geprägte Arbeit legt besonderen Wert auf Begegnung: Sie schließt die emotionale Ebene, nonverbale Äußerungen und gegenseitiges prinzipielles Wohlwollen ein.

1. Ziele der Methode

Die Ziele beim Einsatz des Aktiven Zuhörens sind vielschichtig. Auf der interpersonellen Ebene, insbesondere der Beziehungsebene, sollen gegenseitiges Vertrauen aufgebaut und ein würdigender Umgang gefördert werden.

Weitere Gründe für Aktives Zuhören lassen sich wie folgt zusammenfassen: Durch Aktives Zuhören werden Missverständnisse vermindert, weil man durch das Paraphrasieren Missverständnisse auflösen kann. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden verbessert und die Empathie wird gefördert, da man sich in das Gegenüber hineinversetzen muss, um den Kern der Aussage verstehen und nachvollziehen zu können. Die Problemlösungen werden verbessert, weil man durch Aktives Zuhören schneller das Problem erfassen kann. Durch Aktives Zuhören kann man sein Verhalten besser anpassen und es ermöglicht das Lernen durch Feedback des Gegenübers.

2. So geht das

Aktives Zuhören lässt sich in drei Bestandteile unterteilen:

  • Aktives Verfolgen des Gesagten: Du bist präsent und du machst zum Beispiel durch Blickkontakt, Laute oder Ähnliches deutlich, dass du aufmerksam bist.
  • Aktives Verstehen der Botschaft: Du kannst den Kern der Botschaft des/der Anderen in eigene Worte fassen. Der Fachausdruck hierfür ist Paraphrasieren.
  • Versuch den emotionalen Inhalt einer Botschaft zu verstehen und wiederzugeben: Du ergründest, was emotional in dem Gesagten des Gegenübers steckt und meldest zurück, was bei dir angekommen ist. Der Fachausdruck hierfür nennt sich Spiegeln oder Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte.

Nonverbale Techniken und Methoden des Aktiven Zuhörens

Praktisch kann auf nonverbaler Ebene Aktives Zuhören so aussehen, dass du dein Gegenüber aussprechen lässt, geduldig bist, Blickkontakt hältst, dich nicht durch andere Gedanken und Tätigkeiten ablenkst und dein Zuhören mit Nicken unterstreichst.

Verbale Techniken des Aktiven Zuhörens: Paraphrasieren

Beim Paraphrasieren sollst du mit eigenen Worten wiedergeben, was das Gegenüber gesagt hat. Dem/ der Gesprächspartner*in signalisierst du damit, dass du aktiv zugehört hast. Außerdem ermutigst du damit den Sprechenden das Gesagte zu präzisieren und du gibst ihm die Chance, Gedanken zu revidieren oder Dinge klar zu stellen. Du kannst auch dein Verständnis prüfen und Missverständnisse vermeiden.

Verbale Techniken des Aktiven Zuhörens: Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte

Das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte (auch Spiegeln genannt) ist eine Sonderform des Paraphrasierens: Es geht dabei darum, dass du die emotionale Botschaft des/ der Gesprächspartners*in aufnimmst und wiedergibst. Der Sinn und Zweck: Du bestätigst, dass du die gesendeten Gefühle erkannt hast. Dem/ der Gesprächspartner*in gibst du damit auch die Möglichkeit, sich selbst zu reflektieren und womöglich Gefühle neu zu formulieren.

3. Beispiel

Nachfragen und Paraphrasieren

Beispiel:

Der Erzieher sieht, wie Tim sich wütend vom Sandkasten entfernt und er möchte die Situation richtig deuten. Deshalb versucht er ins Gespräch mit Tim zu kommen, um zu fragen, wo das Problem liegt. Tim erklärt dem Erzieher die Situation und warum er wütend ist. Daraufhin paraphrasiert der Erzieher: „Habe ich dich richtig verstanden, Tim: Du möchtest nicht mit Leon spielen, weil der im Sandkasten allen immer sagt, wie sie zu spielen haben?“

Gefühle spiegeln

Beispiel:

Als Laura am Esstisch ihrer Tagesgruppe nicht ihr Essen aufessen wollte, hat die Erzieherin Frau Wolle mit ihr geschimpft. Es hat sie ziemlich traurig gemacht, dass sie ausgeschimpft wurde, weil sie satt war und nicht mehr weiter essen konnte. Eine andere Erzieherin hat alles mitbekommen und Laura ist zu ihr gekommen, weil sie sich von Frau Wolle nicht verstanden fühlte. Die Kollegin spiegelt Lauras Gefühle: „Du warst also sehr traurig, als die Frau Wolle mit dir geschimpft hat, weil du nicht alles auf deinem Teller gegessen hast?“

4. Fragen, Anpassungsmöglichkeiten und Kritik

Anpassungsmöglichkeiten des Aktiven Zuhörens im Bereich Familie, Tages- und Wohngruppe: Da man beim Aktiven Zuhören sich auf das Gegenüber konzentrieren muss, um den Sinn der Aussagen zu verstehen, ist es ziemlich schwer, bei ca. 10 Kindern einem Kind aufmerksam zuzuhören und trotzdem auf die anderen zu achten. Das bedeutet, dass man Aktives Zuhören schwer im Alltag anwenden kann, da die Umgebung auch eine Rolle spielt. Eine gute Möglichkeit, es anzuwenden, wären also Einzelgespräche, Problemgespräche oder nach Konflikten mit den einzelnen Beteiligten. Nach Carl Rogers gehört die verbale Technik des Fragenstellens nicht zum Aktiven Zuhören. Einige Kommunikationspsychologen hingegen, würden diese Technik dem Aktiven Zuhören zuordnen. Auf jeden Fall ergänzen sich Aktives Zuhören und Fragen sehr gut. Wenn du deinem Gegenüber Interesse zeigen möchtest, gehören die richtigen Fragen einfach dazu. Manchmal hört sich das Paraphrasieren sehr künstlich an. Bitte überlegen Sie zusammen, wie man paraphrasieren kann, ohne dass das Gegenüber denkt, dass man wie ein Papagei alles nachplappert. Wie kann man Aktives Zuhören trainieren?

5. Material / Links

Carl R. Rogers: Die nicht-direktive Beratung. Frankfurt am Main (Fischer-Taschenbuch) 2020

 

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