Umgang mit Alkohol und Nikotin
1. Beschreibung der Herausforderung
Der Konsum von Zigaretten und den meisten alkoholischen Getränken ist bis zum Ende des 16. bzw. 18. Lebensjahrs verboten. Da beide Drogen im Alltag und besonders auf Feiern weit verbreitet sind und insbesondere Alkohol gesellschaftlich stark anerkannt ist, gehört der Konsum vor dem Erreichen des 16. Geburtstags zur Realität der Heranwachsenden. Eine Ursache dafür kann es zum Beispiel sein, dass es unter Jugendlichen als “cool“ gilt, Alkohol und Nikotin zu konsumieren. Dadurch entsteht eine Gruppendynamik und eventuell sogar Gruppenzwang. Viele Jugendliche, die Alkohol konsumieren legen ein selbstbewusstes und prahlerisches Verhalten an den Tag und machen sich über diejenigen lustig, die nicht konsumieren.
Die Jugendlichen sind sich häufig der Auswirkungen und Konsequenzen von Alkohol- und Nikotinkonsum nicht bewusst und kennen insbesondere in Bezug auf Alkohol ihre Verträglichkeitsgrenzen nicht. Darüber hinaus sind die Jugendlichen häufig schlechten Vorbildern, wie zum Beispiel rauchenden Eltern oder Erzieher*innen ausgesetzt. Eltern und Erzieher*innen sind sich teilweise uneinig oder sogar überfordert, in einer akuten Situation auf die Jugendlichen zu reagieren, da es unterschiedliche Herangehensweisen zu dieser Problematik gibt. Manche Eltern betrachten frühzeitigen Alkoholkonsum aufgrund der gesellschaftlichen Akzeptanz als unproblematisch, andere Eltern erkennen die gesundheitlichen und psychischen Folgen, die daraus resultieren können, sehr genau.
2. Unterschiedliche fachliche Argumente/ Bedenken
Die Problematik des pädagogischen Umgangs mit Alkohol- und Nikotinkonsum bei Jugendlichen kann mit dem Tripelmandat der Sozialen Arbeit gut erklärt werden. Das bedeutet, dass Sozialarbeiter*innen mehren Perspektiven und Personen gleichzeitig gerecht werden müssen. Dazu gehören in diesem Fall die gesetzlichen Vorgaben, der Wille der Klient*innen und die eigene fachliche Haltung. Dieses Dilemma kann man anhand eines Beispiels verdeutlichen: Ein 17-jähriger Jugendlicher in einer Jugendhilfeeinrichtung raucht seit seinem 13. Lebensjahr. Rechtlich gesehen, wäre es die Pflicht, der Erzieher*innen, ihm das Rauchen zu verbieten. Der Jugendliche hat aber kein Interesse mit dem Rauchen aufzuhören und argumentiert, dass es ihm in ein paar Monaten erlaubt sein wird.
Hierbei liegt es an der Fachkraft, fachlich zu begründen und zu entscheiden, wie sie die Interessen des Klienten und die rechtlichen Ansprüche im Gespräch mit dem Jugendlichen einbringen kann. Dabei müssen auch weitere Bezugsdisziplinen in Betracht gezogen werden. Aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht ist der Konsum von Alkohol und Nikotin besonders in jungen Jahren sehr schädlich. Soziologisch gesehen, ist es allerdings normal, dass sich Jugendliche der elterlichen Autorität entziehen und sich an ihrer Peergroup orientieren. Dabei wollen die Jugendlichen Grenzen erfahren und austesten.
3. Fragen zum Weiterdenken
- Wie effektiv sind strenge Regelungen, wenn Kinder/Jugendliche dadurch ihren Konsum noch stärker verheimlichen? Welche Alternative sehen Sie?
- Ist es sinnvoll Alkohol/Nikotin komplett zu verbieten, wenn es zur soziologisch „normalen“ Entwicklung dazu gehört? Wie kann es gelingen, dass Jugendliche Alkohol und Zigaretten ‚unter Begleitung‘ ausprobieren?
- Wie könnten Präventionsmaßnahmen und Aufklärungsarbeit in Jugendhilfeeinrichtungen aussehen?
- Ist es aufgrund unterschiedlicher Gesundheitsgefährdungen (Alkohol ist in Maßen eher nicht besonders ungesund) sinnvoll Regeln in Bezug auf Alkohol und Nikotinkonsum zu differenzieren?
- Wie konsumieren die jugendlichen Bewohner*innen unserer Wohngruppe Nikotin oder Alkohol? Welche Muster können wir bei ihnen erkennen und welche machen uns besondere Sorgen?
4. Lösungsvorschläge
Erste Kontakte zu Zigaretten und Alkohol gehören zum Leben von Jugendlichen dazu. Sie testen den Umgang und erleben ihre Peergroup als aufregend und erwachsen. Es gibt allen Grund, ihnen das zunächst einmal zu gönnen und sie dabei zu begleiten, mit den stofflichen und sozialen Gefährdungen fertig zu werden.
Verbote allein helfen wenig – der Sozialpädagoge Benedikt Sturzenhecker hat sogar in einem Aufsatz einmal die „Beer-Education“ empfohlen, also das gemeinsame Trinken von Alkohol wirklich zu tolerieren, wie es auch in Elternhäusern geschieht. Wie bei aller Erziehung geht es weniger darum, Grenzen zu setzen und zu überwachen, sondern darum, junge Menschen auf ihrem Weg ins Erwachsensein zu begleiten. Hierzu gehört es auch, selbständig gesundheitsgefährdenden Genuss zu begrenzen und auf Verlockungen zu verzichten.
Kinder und Jugendliche sollten zugleich früh über Risiken und Konsequenzen von Alkohol und Nikotinkonsum aufgeklärt werden. Es ist wichtig, dass Eltern und Fachkräfte stets Rücksprache zum Umgang mit den Jugendlichen halten, zum Beispiel, was die ‚Bestrafungen‘ in einer akuten Situation oder grundsätzliche Grenzen betrifft. Außerdem ist es bedeutsam, mit den Jugendlichen offen über gewisse Entscheidungen und die Setzung von Grenzen zu sprechen, falls diese nicht nachvollzogen werden können.