Beteiligung im Alltag
1. Ziele der Methode
Partizipation fördert Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Die Beteiligung im Alltag ist eine der niederschwelligsten und einfachsten Formen der Partizipation in Wohn- und Tagesgruppen. Im Alltag bieten sich vielfältige Gestaltungs-, Entscheidungs- und Aneignungsmöglichkeiten. Kinder und Jugendliche möchten ihren spontanen Einfällen und Impulsen folgen und wenn sie bei alltäglichen Verrichtungen beteiligt werden, machen sie die Erfahrung, dass es an diesem Ort wirklich um sie als ganze Personen geht – sie erfahren und erleben Selbstwirksamkeit. Zugleich zeigt sich, wenn man im Alltag beteiligt wird, dass die Tages-/Wohngruppe demokratischen Erziehungsideen wohlgesonnen ist und auch über das Alltagsleben hinaus Partizipation bei wichtigen Entscheidungen möglich sein wird.
2. So geht das
Schon bei der Aufnahme in die Gruppe werden die Kinder und Jugendlichen darüber aufgeklärt, dass sie stets ihre Wünsche äußern können und im Alltag selbstverständlich selbständig Entscheidungen treffen können. Die Beteiligung im Alltag bezieht sich auch die selbständige Entscheidung über Inhalte und Orte der Freizeitgestaltung, die gemeinschaftliche Planung und Gestaltung von Essen und Gemeinschaftsaktivitäten u.v.m. Der gemeinsam mit den anderen Kindern und Jugendlichen geteilte Alltag wird in Gruppengesprächen bzw. im Gruppenrat abgestimmt und die eigene freie Zeit können die Kinder nach eigenen Vorstellungen verbringen.
Darüber hinaus ist der Alltag in Wohngruppen oftmals stark vorstrukturiert: es gibt Gruppenzeiten und Hausaufgabenzeiten, Ruhezeiten und Spielzeiten etc. Für die Kinder und Jugendlichen ist es von besonderer Bedeutung, dass der vorstrukturierte Teil des Alltags prinzipiell auch offen für Vorstellungen der Kinder ist; d.h. verhandel- und gestaltbar.
3. Beispiel
Beteiligung im Alltag sollte sich an der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen orientieren. Der Alltag beginnt schon nach dem Aufstehen, bei dem sich Rituale oder Wünsche der Kinder und Jugendlichen einbauen lassen. Man könnte weiterhin ihre Wünsche bei der Speiseplanung mit einbeziehen. Dem Alter entsprechend könnten sie hier Bilder nutzen oder einen Plan aufstellen, den sie aufhängen würden.
Beteiligung könnte aber auch bedeuten, Aufgaben zu übernehmen. Natürlich muss man sich hier sich dem Alter und den Kompetenzen der Kinder anpassen, doch zur Verselbständigung gehört es, eigenständig Aufgaben zu übernehmen.
In Wohngruppen könnte man z.B. gemeinsam mit den Kindern die Elternkontakte planen und Freizeitideen in die Tagesstruktur hineinplanen. Es könnten Zeiten, Möglichkeiten eingebaut werden ins tägliche Leben, indem die Bedürfnisse und Gefühle Raum finden, für gemeinsame Projekte, Zimmergestaltung, Gartengestaltung, Freizeitgestaltung. Es kommt darauf an, verlässliche und altersgemäße Beteiligungsformen zu entwickeln. Dabei dürfen die Kinder und Jugendlichen gefordert, aber nicht überfordert werden. Ein wichtiger Schritt wäre, sie bei allen Vorgängen, die sie betreffen, sie frühzeitig und umfassend zu informieren.
4. Fragen, Anpassungsmöglichkeiten und Kritik
Die Beteiligung der Kinder beginnt in den Köpfen der Erwachsenen. Ein Kind, das aktiv ist und sein darf, bildet sich immer, lernt aus eigenem Antrieb und will die Welt gestalten. Partizipation im Alltag bedeutet, die Kinder als Expert*innen ihres eigenen Lebens ernst zu nehmen.
Dabei ist zu beachten, dass die Freizeit in Wohngruppen im Vergleich zum Leben in der Familie oft sehr stark reglementiert ist. Daher sollten die Fachkräfte offensiv darum bemüht sein, Freiräume und Freiheiten zum Gestalten vorzuhalten. Für viele Kinder und Jugendliche sind die Beteiligung bei der Gestaltung der Mediennutzung, der Kommunikation mit den Eltern, der Verfügbarkeit von Hobbys und dem Treffen von Freund*innen sehr wichtig.